von Kay » 03.11.2023, 10:27
Auszug HA 02.11.23
Offiziell ist die Partie in Neu-Ulm ein Testspiel. Inoffiziell ist sie aber weit mehr als das: Die beiden Aufeinandertreffen mit Ägypten heute (18.30 Uhr/Sport1) und am Sonntag in München (17.15 Uhr/ZDF) sind auch Gradmesser und Stimmungsbarometer. Mit der Heim-EM ab 10. Januar steht das Turnier bevor, auf das Deutschlands Handballer schon seit Jahren blicken.
Mit dem sicheren Zuschauer-Weltrekord im Eröffnungsspiel im Düsseldorfer Fußballstadion, mit den weiteren Vorrundenspielen in Berlin und der Haupt- und Finalrunde in Köln. Begeisterung soll her, Euphorie soll bei den Zuschauern entfacht werden für das Treffen der europäischen Topteams auf deutschem Boden, das auch in Mannheim, München (Vorrunde) und Hamburg (Hauptrunde) stattfinden wird.
Selbstvertrauen durch Siege gegen den Afrikameister
Sportlich sollen das viert- und das drittletzte Testspiel gegen den Afrikameister „Selbstvertrauen und ein gutes Gefühl vor dem EM-Start bringen“, sagt Kastening. Wohlwissend, dass beides derzeit nicht im Überfluss vorhanden ist. Der durchaus respektablen WM im vergangenen Januar mit Platz fünf folgten im Frühjahr deftige Testspiel-Pleiten gegen Dänemark und Schweden. Teams, mit denen man eigentlich auf Augenhöhe sein wollte. Seit Jahren aber betätigen sich Handball-Bundestrainer vor allem als Puzzle-Bauer. Absagen hier, Verletzungen da – das formal bestmögliche Team kam schon lange nicht mehr zustande. So wird es auch im Januar wieder sein.
Spielmacher Juri Knorr und Abwehrspezialist Julian Köster, beide 23 Jahre alt, sind schon früh zu Leistungsträgern geworden, nun könnten auch die U21-Weltmeister David Späth (Tor/21), Justus Fischer (Kreis/20) oder die Rückraumspieler Renars Uscins (21) und Nils Lichtlein (21) Teil des EM-Teams werden.
Bei den deutschen Handballern gilt das Leistungsprinzip
Bundestrainer Alfred Gislason kündigte an, er werde den EM-Kader im Dezember strikt nach dem Leistungsprinzip zusammenstellen. Die Duelle mit den Nordafrikanern werden ihm Aufschluss darüber geben, auf wen er setzen kann. „Wir versuchen in der Basis weiterzukommen, aber auch die neuen Spieler reinzukriegen und deren Stärken in unser Team einzubauen“, sagte Kapitän Johannes Golla. Auch er ist einer, der einst als 21-Jähriger früh Verantwortung übernehmen musste und sich in den vier Jahren seit seinem Debüt so gut wie unersetzlich vorne am Kreis und hinten im Mittelblock machte. „Ich habe schon das Gefühl, dass wir die Zeit seit dem Sommer genutzt haben und einen Schritt weiter sind.“
Auch ein Routinier ist einen großen Schritt weiter. Torhüter Andreas Wolff, Stammkeeper, und neben Golla einer der großen deutschen Hoffnungsträger, steht gegen Ägypten nach über zweimonatiger Verletzungspause vor seinem Comeback. „Andi hat in dieser Woche das komplette Trainingsprogramm absolviert und mehr machen können, als wir gehofft hatten“, berichtete Co-Trainer Erik Wudtke. Wolff werde daher heute definitiv auf der Bank sitzen.
„Ob er einige Einsatzminuten bekommt, werden wir sehen. Wir wollen noch abwarten, wie das Gefühl bei ihm ist.“ Ursprünglich sollte der 32-Jährige, der sich Ende August bei einem Testspiel-Trip seines polnischen Vereins KS Kielce eine Rückenverletzung zugezogen hatte, beim Lehrgang der DHB-Auswahl in dieser Woche nur ein lockeres Aufbauprogramm absolvieren und Zeit bei der Mannschaft verbringen. Für die Länderspiele gegen Ägypten hatte Gislason daher Routinier Silvio Heinevetter und David Späth als Torwart-Gespann nominiert.
Nun also Wolff. Eine glückliche Fügung für Gislason. Wenn man so will: ein gutes Blatt in der Hand des Bundestrainers. Der will seine Karten heute und am Sonntag in den Arenen besser ausspielen, als Kastening es noch am Mittwochabend im Teamhotel getan hatte.
Liebe SG, die Hauptsache am Wind: immer eine Handbreit Wasser über Kiel.