von Kay » 30.06.2008, 15:23
Das Ende der Flensburger Sparkasse
25. Juni 2008 | 04:30 Uhr | Von Carlo Jolly / lno
Die Flensburger Ratsversammlung hat eine Entscheidung getroffen, die als eine der wichtigsten in ihre Geschichte eingehen könnte: Sie hat das Ende der Sparkasse besiegelt.
Angesichts von 189 Jahren Flensburger Sparkassengeschichte war es ein Blitzentscheid. Nach gut dreieinhalbstündiger Diskussion hat die Ratsversammlung gestern Abend um 19.40 Uhr das Ende ihrer Sparkasse beschlossen - mit den Stimmen aller 29 anwesenden Fraktionsmitglieder von CDU, SSW, SPD, Grünen und Linken. Neun WiF-Mitglieder und FDP-Fraktionschefin Meike Bruhns, die zuvor vergeblich das Einholen zweier Alternativangebote zur Fusion beantragt hatten, stimmten dagegen. Stadtpräsident Christian Dewanger (WiF) und Jörg Petersen (FDP) mochten sich in dieser schwerwiegenden Entscheidung nicht festlegen. In der letzten, noch nicht abschließend geprüften Bilanz steht ein Jahresfehlbetrag 29,7 Millionen Euro - und 73,9 Millionen Euro Wertberichtigungen (wir berichteten).
Risikobehaftete Kredite
Zuvor hatte Oberbürgermeister Klaus Tscheuschner als Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse noch einmal für die Fusion geworben, die seiner Auffassung alternativlos ist. Dabei konnte er sich Seitenhiebe gegen die WiF und ihren Stadtpräsidenten Dewanger nicht verkneifen. Diese hatten vor wenigen Tagen angekündigt, den Zusammenschluss von der Staatsanwaltschaft prüfen zu lassen. Tscheuschner erinnerte an zwölf Sparkassenfusionen seit dem Jahr 2000 und erklärte: "Mir ist nicht bekannt, dass es mangels Vergleichsangeboten irgendwo Strafanzeigen gegeben hat." Und dass die WiF nach dem Ratsbeschluss, einzig mit der Nospa zu verhandeln, vergangene Woche Strafanzeige gestellt hatte, weil keine Alternativ-Verhandlungen geführt worden seien, musste der OB ebenfalls kommentieren: "Ich finde dieses Verhalten in höchstem Maße verwerflich."
Der ausgehandelte 17,12-Prozent-Anteil in der neuen Nospa spiegelt nach Tscheuschners Auffassung das wahre Gewicht wider: "Ein hoher Anteil unserer bislang angenommenen Größe bestand aus risikobehafteten Krediten." Den nach der Finanzmisere der Sparkasse kritischen Räten schlug Tscheuschner vor, Aufklärungsgespräche mit den Prüfern des Sparkassenverbandes zu führen. Für die FDP kritisierte Jörg Petersen die Fusion, die nicht auf Augenhöhe möglich sei, sondern aus einer schweren Schieflage. Die Flensburger Sparkasse war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil sie über Einzelwertberichtigungen 73,9 Millionen Euro absichern musste. Die höhere Risikovorsorge war vor allem durch einen Wertverfall bei Sicherheiten für alte Firmenkredite nötig geworden. Der daraus entstandene Jahresfehlbetrag in Höhe von 29,7 Millionen Euro wurde aus dem laufenden Ergebnis und aus Rücklagen ausgeglichen. Ohne die Fusion wäre "die Risikotragfähigkeit nur noch eingeschränkt gegeben" gewesen, sagte Tscheuschner.
Stellenstreichungen sind zu erwarten
Für die WiF erklärte Fraktionsvize und Ex-Sparkassen-Mann Hans Andersen, es sei blauäugig zu glauben, dass es bei 1377 Mitarbeitern nach der Fusion bleibe. Allein die alte Nospa habe 2007 schon 30 Stellen gestrichen. Andersen kritisierte, dass der Vertrag von Vorstandschef Frerich Eilts 2006 noch verlängert worden sei und fragte: "Wer bezahlt den Ruhestand und das jetzt angerichtete Desaster?" In den Gremien der neuen Nospa habe Flensburg künftig relativ wenig Einfluss. Für die zustimmenden Fraktionen hatten sowohl SSW als auch SPD und CDU verlangt, nach der Fusion müssten die Verantwortlichen möglichst zur Rechenschaft gezogen werden. Tscheuschner meinten sie damit mehrheitlich nicht, wie Rolf Helgert, nicht gerade als OB-Freund bekannt, erklärte: "Was Herr Tscheuschner in dieser Situation geleistet hat, war bewundernswert." Die Kreistage von Schleswig-Flensburg und Nordfriesland sowie andere Gremien, darunter die Zweckverbandsversammlung der Nospa, hatten der Fusion bereits zuvor zugestimmt. Der Vertrag soll am Freitag in Flensburg unterschrieben werden. (Ist unterschrieben worden)
Liebe SG, die Hauptsache am Wind: immer eine Handbreit Wasser über Kiel.