von Kay » 17.08.2008, 15:48
16. August 2008, von Anja Schramm welt-online
Bundesliga-Auftakt
Bayern weit von Klinsmanns Visionen entfernt
Jürgen Klinsmann musste mit Topfavorit Bayern München gleich zum Auftakt der neuen Saison einen Dämpfer einstecken. Gegen den Hamburger SV erwischten die Münchner eigentlich einen perfekten Start, konnten aber die Führung nicht über die Zeit bringen. Der neue Trainer hat noch viel Arbeit vor sich. Am Ende gewannen dann doch die Lautstärkeregler der Münchner Arena. Da hatten sie zum Auftakt der 46. Bundesliga-Saison extra Paul Potts, jenen walisischen Werbestar, eingeladen. Und ausgerechnet als er begann, Giacomo Puccinis „Nessun dorma“ zu schmettern, stimmten sie in der Nordkurve „HSV“ und im gegenüber „Bayern“ an. Am Ende war es Pott, der sich durchsetzte. "Niemand schlafe“ sang er also. Es könnte auch eine Botschaft für die neue Saison sein, es soll eine Spielzeit der Superlative werden, Zuschauerrekord inklusive. Und weil die großen Spielertransfers ausblieben, sind es die Neuen auf den Trainerbänken der Bundesliga, die in den Fokus rücken. Christoph Daum etwa, der mit Köln zurückgekehrt ist, die Holländer Fred Rutten (Schalke) und Martin Jol (HSV), Jürgen Klopp (Dortmund), Bruno Labbadia (Leverkusen). Und eben Jürgen Klinsmann, der mit hehren Visionen von modernem Offensivfußball den Meister FC Bayern München übernommen hat. Doch schon zum Auftakt beim 2:2 (2:1) gegen den Hamburger SV bekam Klinsmann vorgeführt, wie weit der FC Bayern noch von den ausgegebenen Visionen entfernt ist. Von Fehlstart wollen sie in München dennoch nichts wissen. „Wir haben doch nicht verloren“, echauffierte sich Kapitän Mark van Bommel. Auch Klinsmann sagte nicht, er sei enttäuscht, er sagte nur, „ich bin ein kleinwenig enttäuscht.“ Er spricht lieber über das Positive. Den Seinen attestierte er „viele Fortschritte“. Angesichts der vielen Verletzten und der kurzen Vorbereitung „bin ich zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft“.
Hitzfeld warnt Klinsmann vor Punktverlust in Dortmund
So war es Klinsmanns Vorgänger vorbehalten, die Bilanz des Abends nüchtern auf den Punkt zu bringen: „Die Aufgabe wird für Jürgen Klinsmann jetzt nicht einfacher“, befand Ottmar Hitzfeld in seiner neuen Funktion als Teilzeit-Fernseh-Experte. „Wenn man relativ früh 2:0 führt, dann muss man das Spiel gewinnen, egal wie. Ansonsten sind das zwei verlorene Punkte“, sagte Hitzfeld. Er kennt die Begehrlichkeiten in München. Hier gebe es nur eine Philosophie und die heiße siegen. „Gerade die Startspiele sind sehr wichtig, damit man schon mal Luft hat. Wenn man zu Hause gewonnen hat, kann man auswärts unentschieden spielen.“ Doch nun stehen die Bayern schon am nächsten Spieltag unter Druck, dozierte Hitzfeld. „Wenn man auch in Dortmund nur einen Punkt holt, hat man am Ende vielleicht vier Zähler zu wenig auf dem Konto.“
Klinsmann weiß, dass er am Erfolg gemessen wird
Überhaupt waren die Schatten der ruhmreichen Vergangenheit allgegenwärtig. Vor dem Eingang zur Arena etwa warb einer der Sponsoren der Bayern für sein Zahlungsmittel und ließ dafür einen überdimensionalen Oliver Kahn durch die Luft fliegen. Und in der Arena war es Hitzfeld, der vor dem Anstoß als Trainer des Jahres geehrt wurde. Die Fans sangen: „Ottmar Hitzfeld, du bist der beste Mann.“ Ihrem neuen Trainer stehen sie reservierter gegenüber, nach dem Auftakt wohl noch mehr. „Am Ende des Tages wird man am Erfolg gemessen“, sagt Klinsmann. Und vor der WM 2006 hätten noch viel mehr an sein Scheitern geglaubt. Gegen Hamburg musste er auf acht seiner Profis verzichten, darunter Ribéry, Toni, Altintop und Demichelis. „Man hat schon gespürt, dass uns mit die besten Spieler fehlten“, sagte Manager Uli Hoeneß. Auf Dauer könne man sie eben nicht ersetzen.“ Dabei ging alles recht sommermärchenhaft los. Erst das frühe 1:0 durch Bastian Schweinsteiger (12. Minute). Vier Minuten später erhöhte Lukas Podolski per Foulelfmeter auf 2:0. Doch im Anschluss offenbarten sich all die Unzulänglichkeiten, die schon im Pokal deutlich wurden: eine desolate Defensive, viele Abstimmungsfehler und eine recht einfallsarme Spielgestaltung. Am Ende sprach Klinsmann von einem gerechten Ergebnis, die Bayern hatten Glück, dass nur Paulo Guerrero (25.) und Piotr Trochowski (57./Foulelfmeter) die Abwehrfehler bestraften. Klinsmann sagt: „Wir brauchen noch einige Zeit, um den Spielfluss zu entwickeln, an dem wir täglich arbeiten.“ Und noch gibt sich auch die Führungsetage optimistisch, dass das nur eine Sache von Wochen ist. Als Hoeneß gefragt wurde, ob er angesichts der Defizite personell noch mal nachbessern werde, sagte er nur: „Wir sind doch nicht Wahnsinnige, die wegen ein, zwei, drei Wochen Millionen ausgeben.“
Liebe SG, die Hauptsache am Wind: immer eine Handbreit Wasser über Kiel.