Schwalb: "Darum bauen wir die Mannschaft um"
Handball: HSV Hamburg - Minden 28:29
HAMBURG -
Die Handballer des HSV haben nach der 28:29-(13:15)-Heimniederlage gegen Minden ein paar Freunde in der Bundesliga weniger. "Das ist ein mittelschwerer Skandal", wetterte Düsseldorfs Manager Frank Flatten. Düsseldorf kämpft wie Minden gegen den 16. Platz. Der bedeutet zwei Relegationsspiele gegen den besten Zweitligazweiten. Was Flatten empörte: Er vermutete, die HSV-Spieler hätten sich in der Woche vor dem Minden-Spiel auf Mallorca vergnügt. Dort fliegt die Mannschaft auf Einladung ihres Präsidenten Andreas Rudolph erst heute hin. Das letzte Saisonspiel bestreiten die Hamburger einen Tag nach der Rückkehr, am nächsten Sonnabend bei der HSG Wetzlar. Die stemmt sich ebenfalls gegen die Abstiegsspiele. Vielleicht erhalten Flattens Flüche dann neue Nahrung.
HSV-Trainer Martin Schwalb reagierte auf die Anwürfe betont unaufgeregt: "Die sollen sich um ihre Angelegenheiten kümmern. Nach dem Pokalsieg Anfang April haben wir uns in der Bundesliga in keinem Spiel hängen lassen, wir haben immer Zähne gezeigt." Die Pleite gegen Minden, mit bedingt durch eine Reihe merkwürdiger Schiedsrichterentscheidungen, will der Coach nicht verharmlosen: "Wir haben in 60 Minuten den Kredit verspielt, den wir uns in den vergangenen Monaten hart erarbeitet haben. Das tut mir vor allem für das Team leid. Ich lasse mir jedoch durch ein schwaches Spiel nicht unsere grundlegenden Fortschritte kaputtreden." Es sei eben noch nicht alles bestens, aber vieles bereits besser.
Auf Mallorca, das ist die erste Konsequenz aus der Vorstellung gegen den Abstiegskandidaten, wird die Mannschaft ein bißchen öfter trainieren als anfangs geplant. Der Gedanke, die Reise abzusagen, wurde am Sonntag nachmittag wieder verworfen.
"Solche Begegnungen wie diesmal gegen Minden", resümierte Schwalb, "helfen einem Trainer wiederum auch. Sie zeigen einer Mannschaft in aller Deutlichkeit, was alles an Einsatz, Willen und Einstellung dazugehört, um ein Spiel zu gewinnen." Daß es dieser erneuten Lehre bedurfte, überraschte den Trainer schon ein wenig. "Aber genau deshalb bauen wir die Mannschaft für die nächste Saison in ihrer Struktur um, damit sie gefestigter wird, damit wir diese Rückfälle minimieren."
Die Verpflichtung des Brasilianers Bruno Souza ist inzwischen perfekt. Weil er in Göppingen einen Vertrag bis 2008 hatte, zahlt der HSV rund 70 000 Euro Ablöse. Im Gegenzug muß der 28jährige, der in Hamburg bessere Perspektiven sieht, auf Gehalt verzichten. Ob ein fünfter Neuzugang, wohl einer für den Rückraum Mitte, geholt wird, "darüber werden wir auf Mallorca sprechen", sagte Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Sportdirektor Christian Fitzek bestätigte Verhandlungen mit internationalen Topstars - "für die nähere und mittlere Zukunft".
Nach Platz zehn in dieser Saison, der schwächsten Bundesliga-Plazierung seit der Vereinsgründung 2002, schwebt Schwalb in der nächsten Serie der Vorstoß in Europapokalregionen vor, also Tabellenrang fünf oder sechs. Präsident Rudolph schielt gar auf die Champions-League-Plätze eins bis drei. Bei einem Etat von 5,2 Millionen Euro sind diese Ansprüche realistisch. Und im Gegensatz zur abgelaufenen Saison muß der HSV künftig kaum noch Altlasten aus der Insolvenz seines einstigen wirtschaftlichen Trägers Omni Sport GmbH & Co. KG bedienen. Mit 1,3 Millionen Euro hatte Rudolph den Verein aus den Verpflichtungen der Gesellschaft freigekauft. Omni Sport hatte 2005 insgesamt 4,1 Millionen Euro Verbindlichkeiten hinterlassen.
Potential, sagt Schwalb, stecke zudem in der jetzigen Mannschaft. Stefan Schröder, Matthias Flohr und Krzysztof Lijewski hätten sich hervorragend entwickelt, "und die drei sind längst nicht am Ende angekommen". Und deshalb spreche vieles dafür, glaubt der Trainer, daß es künftig immer weniger Mindens geben werde.
rg HA
erschienen am 29. Mai 2006