von Kay » 15.12.2019, 12:48
HANDBALL-BUNDESLIGA
SG Flensburg-Handewitt widersetzt sich dem Aufstand der Außenseiter
Der Tabellenführer freut sich über den 32:25-Erfolg gegen Balingen – und über Holger Glandorfs Auftritt.
Flensburg | Als Jacob Heinl schon den 32:25 (18:13)-Erfolg der SG Flensburg-Handewitt gegen den HBW Balingen-Weilstetten analysierte, schwappte aus der Flens-Arena der lautstarke Jubel der Fans hinüber in die Mixed Zone. Der THW Kiel hatte gepatzt, ebenso die Rhein-Neckar Löwen und die MT Melsungen. Nur Hannover-Burgdorf und die SG hatten den Donnerstag der Außenseiter in der Handball-Bundesliga schadlos überstanden.
Heinl staunte: Es ist unfassbar eng. Die Tabelle kann sich an einem Spieltag komplett verschieben. Recht hat er. Eine Woche nach der bitteren Pleite in Magdeburg rückte der Deutsche Meister wieder auf Rang eins vor (26:8 Punkte), Berlin hat als Sechster nur zwei Minuszähler mehr. Die beste Ausgangsposition hat weiterhin der THW Kiel (24:6), der zwei Spiele in Rückstand ist.
„In dieser Liga passieren die verrücktesten Dinge“, sagte Balingens Trainer Jens Bürkle. Mit etwas mehr Glaube an die eigene Stärke sei für sein Team sogar in Flensburg mehr möglich gewesen, als nur 25 Minuten den Spielverderber zu geben. Aufstand der Außenseiter? „Die Distanz ist nicht mehr so groß“, meinte Bürkle, wozu die höhere Belastung der mitunter „abgekämpften“ Topteams ihren Teil beitrage.
„Man sollte nicht naiv sein und glauben, dass wir die einzigen sind, die einen Plan haben und gut trainieren“, sagte Maik Machulla. Bei allen Vereinen werde intensiv und immer professioneller gearbeitet. Für den SG-Coach besteht kein Zweifel: In der Breite ist das die beste Liga der Welt. Wie schwer es gegen einen selbstbewussten Außenseiter ist, erlebte die SG am Donnerstag fast eine Halbzeit lang. Dann begann Balingen Fehler zu machen, Flensburg deckte besser und drückte aufs Gaspedal. Ein 10:2-Lauf zwischen der 26. und 37. Minute reichte zum ungefährdeten Sieg.
Mittendrin: Holger Glandorf. Der 36 Jahre alte Linkshänder war so gut drauf, dass er 37 Minuten spielen durfte, in denen er drei Tore erzielte. Glandorf, der sich nach seiner Schulter-Operation auf dem Spielfeld häufig gequält hatte, sagte: Ich bin wieder in einer Verfassung, in der ich der Mannschaft helfen kann. So macht es mir mehr Spaß und das hat man auch gesehen.
Mittlerweile traut sich der Routinier auch Distanzwürfe zu, wodurch die Abwehrspieler gegen ihn offensiver zu Werke gehen müssen. Das eröffnet dem nach wie vor flinken Glandorf im Eins-gegen-Eins-Duell neue Möglichkeiten. „Holger kehrt zu alter Stärke zurück“, freute sich Geschäftsführer Dierk Schmäschke, „und wird uns noch sehr helfen“.
Wieder die beste Abwehr_ Mit der besten Abwehr der Liga errang die SG im Juni den zweiten Meistertitel in Folge. Nun stellt der Titelverteidiger erneut die beste Deckung, im Schnitt kassierten Jacob Heinl, Johannes Golla und Co. in der Hinrunde 23,3 Gegentore (Vorsaison: 22,6). Beim nächstbesten Team, den Füchsen Berlin, sind es über zwei mehr.
Heinl ist seit seiner Rückkehr ein wichtiger Faktor, er hat sich schnell als Abwehrchef etabliert. „Abwehr bedeutet viel Kampf – das lebe ich vor“, sagte Heinl. Er bildete meist mit Golla einen Innenblock, der statistisch sogar die hochgelobte Kieler Deckungsmitte mit Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler in den Schatten stellte. „Johannes und ich verstehen uns gut und sprechen viel“, erklärte Heinl.
Die enorme Belastung der zurückliegenden sechs Wochen mit zwölf Spielen hat er gut weggesteckt. „Natürlich habe ich den einen oder anderen Körperteil gemerkt, aber es geht mir gut – und macht viel Spaß“, betonte der 33-Jährige, der sich auf das zweite freie Wochenende hintereinander freute. „Wahnsinn, oder?“, fragte Heinl, ehe er zufrieden in die Kabine verschwand. (SHZ)
Liebe SG, die Hauptsache am Wind: immer eine Handbreit Wasser über Kiel.