Dr. Rolf Brack verstorben

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Dr. Rolf Brack verstorben

Beitragvon Kay » 21.03.2023, 14:57

Fußball-"Professor" Ralf Rangnick bezeichnet Rolf Brack einst als Mentor. Dabei ist Brack doch eigentlich Handballer durch und durch. Es ist nur ein Indiz, mit welcher Qualität der Schwabe seine Ideen vom Sport in Wissenschaft und Praxis vermittelt. Nun ist Rolf Brack tot.

Der deutsche Handball trauert um eine seiner großen Persönlichkeiten: Dr. Rolf Brack ist in der Nacht auf den heutigen Dienstag überraschend nach einem operativen Eingriff im Alter von 69 Jahren gestorben. Brack war "einer der größten Innovatoren unseres Sports", würdigte Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin, den langjährigen Bundesligatrainer. Der Tod Bracks "schmerzt mich unendlich. Ein Mann mit unglaublich weichem Kern, der in der Sache streiten konnte, ohne persönlich zu werden", schrieb Hanning, der eng mit der Familie verbunden war.

Rolf Brack sammelte keine Titel, ist aber dennoch eine der am meisten geschätzten Figuren im deutschen Handball. Denn Brack führte vier verschiedene Klubs in die Bundesliga, die dort gemessen an ihren wirtschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen nicht unbedingt hingehörten. Es reize ihn schon, "auch mal einen großen Klub zu trainieren", sagte Brack einst in einer Zeit, als die sportlichen Realitäten noch leicht andere waren als heute. Doch "außer Barcelona, Ciudad, Kiel, Flensburg, Lemgo und Magdeburg gibt es keine großen Klubs". Einen großen Klub trainierte er nie, ein großer Trainer mit kleinen Mitteln war Brack dennoch.

Durch Bundesligaaufstiege mit der SG Stuttgart-Scharnhausen und dem TSV Scharnhausen, sowie dem VfL Pfullingen und der HBW Balingen-Weilstetten machte er sich zum Rekordaufsteiger, dazu trainierte er auch Frisch Auf! Göppingen und den HC Erlangen jeweils kurz in der Bundesliga. "Trainer-Expertise schießt auch Tore - nicht nur Geld. Und Expertise heißt, nicht nur viel zu wissen, sondern auch viel zu können. Da spielt dann auch die Erfahrung eine wichtige Rolle. Mittelfristig ist Erfolg beeinflussbar", erklärte Brack 2010 im Interview mit Spox.

Die Praxis "ist viel, viel komplexer"
Damals gab der Trainer, der seine Klubs trotz struktureller Nachteile auch in der Bundesliga hielt, auch eine Idee von seinem Arbeitsansatz: "Das mache ich aufgrund einer statistisch belegten Erfahrung. In Unterzahl schießen wir nur in jedem fünften Angriff ein Tor", erklärte er, warum er - damals völlig unüblich, heute gängige Praxis - mit einem zusätzlichen Feldspieler spielen lässt. "Nach Angriffen ohne Torerfolg kassieren wir aber zu über 50 Prozent ein Gegentor. Wenn ich aber in Unterzahl den Torhüter rausnehme, und dadurch im Angriff Sechs gegen Sechs spiele, dann schießen wir zu weit über 50 Prozent ein Tor. Zudem ist es so, dass wir selbst mit Torhüter, obwohl wir einen guten Keeper haben, beim Tempogegenstoß in Eins-Eins-Situationen zu 80 Prozent einen Treffer kassieren."

Der Wissenschaftler brachte seine Ideen immer wieder in die Praxis ein. Und wusste aber jederzeit: "Die Wissenschaft", sagte Brack mal, "arbeitet unter ganz anderen Voraussetzungen, löst Teilprobleme heraus, schafft sich Labor-Bedingungen." Und die Praxis? "Ist viel, viel komplexer!" Auch "Fußball-Professor" Ralf Rangnick, der später Fußball-Deutschland mit taktischen Feinheiten beeindruckte, hatte fünf Jahre bei Brack studiert. "Er hat bei mir eine Ausbildung in Basketball und Handball gemacht. Damals ging es unter anderem um die Raumdeckung, die eigentlich in allen Mannschaftssportarten Vorteile mit sich bringt. Gerade im Fußball spielte sie noch eine untergeordnete Rolle." Rangnick bezeichnete Brack einst als einen "Mentor".

Markus Baur, einer der Nachfolger Bracks auf der Bank von Frisch Auf! Göppingen, sagte den "Stuttgarter Nachrichten": "Das ist extrem traurig. Rolf Brack hat Generationen von Trainern und Spielern geprägt, ohne ihn wäre viele gar nicht in der Bundesliga angekommen." Der promovierte und habilitierte Sportwissenschaftler setzte mit innovativen Ideen und einem nie endenden Forscherdrang auch Maßstäbe in der Trainerausbildung. Rund zwei Jahrzehnte prägte Brack das Lehrwesen des Deutschen Handball-Bundes. Neben zahlreichen Bundesligatrainern legte auch Bundestrainer Alfred Gislason bei Brack seine Prüfung für die A-Lizenz ab.

"Das lässt sich nicht in Worte fassen"

Seine eigene Trainerlaufbahn startete der Schwabe mit 29 Jahren beim TSV Zuffenhausen in der schwäbischen Oberliga - und stand dort nach einem desaströsen Saisonstart schon vor dem Aus, doch seine Mannschaft sprach sich für den jungen Coach aus. Und der machte weiter mit dem Versprechen, sein komplettes Saisongehalt zurückzuzahlen, falls das Team absteigen sollte. Zuffenhausen schaffte am letzten Spieltag den Klassenverbleib und Brack ging seinen Weg durch den deutschen Handball.

In der Schweiz trauert man um den ehemaligen Nationaltrainer (2013-2016): "Wir sind tief bestürzt von dieser Nachricht. Rolf hat uns neben seiner Tätigkeit als Nationaltrainer auch viele Jahre im Rahmen der A-Lizenz-Ausbildung unterstützt", würdigt Leistungssportchef Ingo Meckes den großen Trainer. "Ich denke an viele freundschaftliche und spannende Momente zurück und wünsche seiner Familie viel Kraft." Ex-Klub HBW Balingen-Weilstetten "hat Rolf Brack viel zu verdanken. Er hat es geschafft, mit dem kleinen Verein in die 1. Bundesliga aufzusteigen und den HBW dort über Jahre zu etablieren", schreibt der Klub in seiner Würdigung. "Ihm haben es die Balinger zu verdanken, dass sie als "Die Gallier" in ganz Deutschland bekannt sind. Was Rolf Brack für den HBW geleistet hat, lässt sich nicht in Wort fassen." Rolf Brack hinterlässt seine Frau sowie zwei Kinder und vier Enkelsöhne.

Quelle: ntv.de

Und die Praxis? "Ist viel, viel komplexer!"
Liebe SG, die Hauptsache am Wind: immer eine Handbreit Wasser über Kiel.
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Kay
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Re: Dr. Rolf Brack verstorben

Beitragvon fan rd » 21.03.2023, 23:30

Der Tod von Dr. Black muss alle handballbegeisterten sehr traurig machen. Ein ehrendes Gedenken wird ihm nicht nur in ganz Deutschland sicher sein.
fan rd
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